Brucker Zentrum für Gesundheit

Naturheilpraxis Martina Räke

Auszug aus meinem Buch
"Fibromyalgie erfolgreich behandeln mit Traditioneller Chinesischer Medizin und Naturheilkunde":

1. Fibromyalgie aus schulmedizinischer Sicht
1.1. Definition und Begriffsklärung
 

Der Begriff Fibromyalgie setzt sich zusammen aus

          lat        fibra     = Faser
          gr         mys     = Muskel und
          gr         algos   = Schmerz, Leid
          gr         ia         = Zustand

Das Fibromyalgie-Syndrom ist eine noch recht unbekannte Krankheit, was nicht bedeutet, dass es sie zuvor nicht gegeben hat. In den USA taucht der Begriff vor etwa 20 Jahren erstmalig auf. 1990 legte das American College of Rheumatology den Namen und die Definition fest, die jedoch im Laufe des vergangenen Jahrzehnts noch einige Änderungen erfuhren bzw. immer wieder Stoff für Diskussionen und Interpretationen darstellt.

Fibromyalgie wird allgemein definiert als nicht entzündliche, chronische und äußerst schmerzhafte Erkrankung im Bereich der Muskulatur und Sehnenübergänge.[1]

Das Fibromyalgie-Syndrom charakterisiert sich durch generalisierten Schmerz im Bewegungsapparat. Bei der körperlichen Untersuchung lassen sich zahlreiche Schmerzdruckpunkte, sogenannte „Tender Points” (nicht zu verwechseln mit „Trigger“-Points) nachweisen. Die Schmerzen in der Muskulatur und am Bewegungsapparat nehmen zu bei körperlicher Aktivität, kaltem und feuchtem Wetter oder Wetterwechsel. Auch Steifigkeit der Muskulatur wird von den meisten Patienten berichtet. Hände, Füße und Gelenke können so schmerzhaft sein, dass dadurch das Bild einer peripheren Arthralgie vorgetäuscht wird.

Häufig finden sich gleichzeitig scheinbar unabhängige Symptome, die auf andere Krankheiten hinzuweisen scheinen, jedoch mit der Erkrankung direkt in Zusammenhang stehen. Hierzu gehören unter anderem: Schlafstörungen (Einschlaf-, Durchschlaf-, Tiefschlafprobleme), Müdigkeit (am Morgen, aber auch den ganzen Tag über), Kopfschmerzen, Kälte-Intoleranz, trockene Schleimhäute (Augen, Mund, Geschlechtsorgane), Reizblase, PMS oder primäre Dysmenorrhoe sowie das „colon irritabile”, u.a.m. (Die DFV gibt an die 150 mögliche Begleitsymptome an.)

Weiterhin gehören zum Krankheitsbild Parästhesien (in über 80% der Fälle nach (Yunus et al 1981) bei normalen Elektrodiagnose-Test (nach Simms & Goldenberg 1988), geschwollenen Extremitäten, Kopfschmerz, Unruhe in den Beinen (restless-legs), Konzentrationsschwierigkeiten und Verdauungsstörungen.

Beim sogenannten myofaszialen Schmerzsyndrom besteht Schmerz in einem regional begrenzten Raum, während beim FMS etwa 60-70% der Patienten angeben, „Schmerzen überall“ zu haben (Wolfe et al 1990, Yunus et al 1989c, 2000).

Was die Schmerzqualität angeht, wird diese meist als brennend bis dumpf zitiert[2], bei wechselnder Lokalisation, meist im Bereich LWS, Schulter-Nacken, Hüfte, Arme und Beine. (Häufig in den Vordergrund geraten hier auch Schmerzen in anderen Bereichen, hier vor allem chronische Kopfschmerzen gekoppelt an oder auch unabhängig von einer Dysfunktion des Temporo-Mandibular-Gelenkes bzw. nächtlichem Bruxismus mit Verspannungen und in deren Folge wiederum Kopf- und Gesichtsschmerzen.)

Die am häufigsten betroffene Bereiche beim FMS sind Schulter-Nacken, der untere Rücken, die Hände, Arme, Ellbogen, Knie, Hüften, Knöchel und Füße (Yunus & Masi 1993, Yunus et al 1989c). Auch Brustschmerzen sind möglich, die keinerlei organische Ursache haben, wodurch beim Patienten Ängste ausgelöst werden. Da beim FMS jedoch andere Erkrankungen koexistieren können, muss dies in jedem Fall abgeklärt werden.

Insgesamt ist das Bild vielfältig, verwirrend und uneinheitlich. Bereits bei der Definition gibt es unterschiedliche Auffassungen. Einige Autoren, darunter Weiß, stellen fest, dass FMS nicht die Gelenke und Knochen befällt, sondern die „umliegenden Weichteile, und zwar in dem Bereich, in dem die Sehne in die Muskulatur übergeht“. Der Pschyrembel definiert Fibromyalgie in der 257. Auflage als „durch chronische, generalisierte Schmerzen im Bereich der Muskulatur, des Bindegewebes und der Knochen gekennzeichnete Erkrankung mit typischen extraartikulären Schmerzpunkten.“ In der neuesten, 259. Auflage von 2002 erscheint FMS als „nicht entzündliches Schmerzsyndrom mit chronischen Weichteilbeschwerden“. Die Diagnose erfolgt laut Pschyrembel durch „druckschmerzhafte Kontrollpunkte“ und es wird unterschieden in ein primäres FMS mit unklarer Ätiologie und ein sekundäres FMS als Schmerzsyndrom bei anderen Erkrankungen.

Der Begriff der „druckschmerzhaften Kontrollpunkte“ ist insofern unglücklich gewählt, als zur Kontrolle der Diagnose FMS als „Kontrollpunkte“ jene Punkte festgelegt wurden, deren Druckschmerzhaftigkeit als Ausschlusskriterien gelten im Gegensatz zu den die Diagnose FMS erhärtenden Tender Points, den sogenannten „druckschmerzhaften Punkten“. Interessant an der Definitionsänderung ist die Entwicklung weg vom rheumatischen Beschwerdebild und hin zum Schmerzsyndrom, die dem aktuellen Stand der Forschung folgt.

Mehr und mehr hat sich in den vergangenen 2 Jahren das Verständnis der Fibromyalgie weg von einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises hin zur generalisierten Schmerzerkrankung entwickelt, deren Ursache im Bereich des ZNS zu finden ist (s. hierzu auch Teil 2, Forschung und Wissenschaft).

1.2. Begriffsklärung: Richtige und falsche Synonyme für Fibromyalgie

Eine veraltete Bezeichnung für Fibromyalgie ist Fibrositis (-itis = Entzündung. Da die Fibromyalgie aus schulmedizinischer Sicht nicht auf Entzündungen beruht, wird heute Fibromyalgie bevorzugt). Häufigste Synonyme sind Generalisierte Tendomyopathie und Polymyotendopathie, aber gebräuchlich sind auch Fibromyositis, Myofibrositis, Interstitielle Myofibrositis, Myofaszitis, Myofasziales Syndrom, Myofasziales Schmerzsyndrom, Muskulärer Rheumatismus, Spannungsrheumatismus, Rheumatic pain modulation disorder, Non-restorativ sleep-disorder, u.v.m. „Weichteilrheumatismus hingegen ist kein Synonym für Fibromyalgie.“[3]

Hier die alphabetische Auflistung möglicher - auch fälschlicherweise gebrauchter - Synonyme aus der Literatur:

  • Fibromyositis
  • Fibrositis
  • Generalisierte Tendomyopathie
  • Interstitielle Myofibrositis
  • Muskulärer Rheumatismus
  • Myofasziales Schmerzsyndrom
  • Myofasziales Syndrom
  • Myofaszitis
  • Myofibrositis
  • Non-restorative sleep disorder
  • Polymyotendopathie
  • Primäres Fibromyalgiesyndrom
  • Primäre Fibromyalgie
  • Rheumatic pain modulation disorder
  • Spannungsrheumatismus

1.3. Die Diagnose(problematik) der Fibromyalgie

Wie gesagt, hielt der Begriff und auch das Bewusstsein über die Krankheit erst im Laufe der 80er Jahre in den USA und im Zuge dessen in den 90er Jahren in Deutschland Einzug. Viele deutsche Ärzte und Therapeuten hatten und haben ein Informationsdefizit, d.h. sie kennen die Erkrankung und ihre Richtlinien kaum. Die Vielzahl der Begleitsymptomatik bringt es mit sich, dass die Krankheit auch heute noch als psychische Störung interpretiert wird und die Betroffenen keine kompetente Hilfe erfahren. In den langen Jahren der vergeblichen Diagnosesuche sind FibromyalgikerInnen für die Solidargemeinschaft extrem teure Mitglieder. Es werden unzählige CTs, Kernspintomographien und teure Labortests unternommen (s. auch Studien-Fragebogen-Auswertung). Die Krankheit ist mit diesen aufwendigen und teuren Verfahren aber nicht erfassbar.

Die durchschnittliche Diagnosegeschwindigkeit wird von der DFV auf 5 bis 7 Jahre geschätzt (das ist aus bisheriger Sicht eher eine günstige Schätzung, wobei sich die Diagnose-„geschwindigkeit“ bessert, auch angesichts zahlreicher aktiver Therapeuten, informativer Artikel und unermüdlicher Selbsthilfegruppen, die hier aufklärend tätig sind), weshalb die Patienten bis vor zwei Jahren etwa einen langen Leidensweg und zahlreiche Arzt- und Therapieversuche hinter sich gebracht haben, ehe sie mit einer adäquaten Therapie Hilfe, Linderung oder zumindest eine Diagnosestellung erfahren.

In den Praxen der Rheumatologen sind Fibromyalgiker die zweitgrößte Patientengruppe; Schätzungen zufolge leben in Deutschland mindestens 2 (bis 4) Millionen Betroffene (80% bis 90% davon sind Frauen, doch auch Männer und sogar Kinder ab 9 Jahren können betroffen sein). Insoweit kann man schon fast von einer Volkskrankheit reden.

1.4. Die Diagnosekriterien der Fibromyalgie

Die weltweit gültigen Diagnosekriterien sind 1990 vom ACR (American College of Rheumatology) unter Bezug auf (Wolfe et al) wie folgt definiert worden:

1.4.1. Definition des ACR im Original

Nachfolgend die Definition für FMS, wie sie im Original durch Yunus, Wolfe et al. erfolgte:

1990 criteria for the classification of Fibromyalgia

1. History of widespread pain.
Definition. Pain is considered widespread when all of the following are present: pain in the left side of the body, pain in the right side of the body, pain above the waist, and pain below the waist. In addition, axial skeletal pain (cervical spine or anterior chest or thoracic spine or low back) must be present. In this definition, shoulder and buttock pain is considered as pain for each involved side. "Low back" pain is considered lower segment pain.

2. Pain in 11 of 18 tender point sites on digital palpation.
Definition. Pain, on digital palpation, must be present in at least 11 of the following 18 sites:
Occiput: Bilateral, at the suboccipital muscle insertions.
Low cervical: bilateral, at the anterior aspects of the intertransverse spaces at C5-C7.
Trapezius: bilateral, at the midpoint of the upper border.
Supraspinatus: bilateral, at origins, above the scapula spine near the medial border.
Second rib: bilateral, at the second costochondral junctions, just lateral to the junctions on upper surfaces.

Lateral epicondyle: bilateral, 2 cm distal to the epicondyles.
Gluteal: bilateral, in upper outer quadrants of buttocks in anterior fold of muscle.
Greater trochanter: bilateral, posterior to the trochanteric prominence.
Knee: bilateral, at the medial fat pad proximal to the joint line.

Digital palpation should be performed with an approximate force of 4 kg.
For a tender point to be considered "positive" the subject must state that the palpation was painful. "Tender“ is not to be considered "painful."

Wolfe F, Smythe HA, Yunus MB, Bennett RM, Bombardier C, Goldenberg DL, et al. The American College of Rheumatology 1990 criteria for the classification of fibromyalgia: report of the multicenter criteria committee. Arthritis Rheum 1990;33:160-72, American College of Rheumatology.

1.4.2. Die deutsche Übersetzung der Klassifikationskriterien des ACR

1. ausgedehnter Schmerz:

Ein Schmerz ist als ausgedehnt zu bezeichnen, wenn alle der folgenden Befunde vorhanden sind: Schmerzen in der linken Körperhälfte, Schmerzen in der rechten Körperhälfte, Schmerzen oberhalb der Taille, Schmerzen unterhalb der Taille. Außerdem müssen Wirbelsäulenschmerzen (Halswirbelsäulen- oder vordere Brustkorb- oder Brustwirbelsäulen- oder Kreuzschmerzen) bestehen. In dieser Definition ist Schulter- und Gesäßschmerz als Schmerz in jeder der betroffenen Seiten zu verstehen.

2. Schmerzen an 11 von 18 Druckpunkten bei digitaler Palpation

Schmerz bei digitaler Palpation muss bei mindestens 11 der folgenden 18 Tender Points diagnostizierbar sein.

  1. Hinterkopf:
    Beidseits, subokzipital am Muskelansatz
  2. Untere Wirbelsäule:
    Beidseits, im vorderen Anteil der Zwischenräume zwischen den Querfortsätzen C5 - C7
  3. Trapezius:
    Beidseits, an den Ursprüngen oberhalb der Spina Scapulae, nahe der medialen Begrenzung
  4. Supraspinatus:
    Beidseits, an den Ansätzen oberhalb der Spina Scapulae, nahe der mittleren Grenze
  5. Zweite Rippe:
    Beidseits, an der Kostochondralverbindung unmittelbar lateral der Verbindung im oberen Teil
  6. Laterale Epikondylen:
    Beidseits, 2 cm distal der Epikondylen
  7. Glutealregion:
    Beidseits, im oberen äußeren Quadranten des Gesäßes im anterioren Muskelanteil
  8. Trochanter major:
    Beidseits, unterhalb der Trochanterprominenz
  9. Knie:
    Beidseits, am medialen Fettpolster proximal des Gelenkspaltes.

Die digitale Palpation sollte mit einer Kraft von ungefähr 4 kp vorgenommen werden. Um einen Tender Point als positiv zu bezeichnen, muss der Patient die Palpation als schmerzhaft empfinden. Empfindlichkeit allein kann nicht als Schmerzhaftigkeit bezeichnet werden.

Um bei einem Patienten Fibromyalgie diagnostizieren zu können, müssen beide Kriterien erfüllt sein.

Ausgedehnte Schmerzen müssen mindestens 3 Monate bestanden haben. Eine klinisch gleichzeitig bestehende Zweiterkrankung schließt die Diagnose der Fibromyalgie nicht aus.

Die Lokalisation der Tender Points nach den Angaben des ACR ist nicht präzise. Zusätzlich divergieren die Angaben verschiedener Autoren in den Lokalisationen und auch der Anzahl der Tender Points zwischen 2x7 und 2x9 bis zu ca. 2 x 20 Punkten, je nach Quelle und Zeitpunkt der Angabe. Einige Autoren listen auch andere mögliche Tender Points am gesamten Körper mit auf und spiegeln damit die Realität auch am ehesten wieder, da es sich um ein generalisiertes Geschehen handelt.

Mehrfachnennungen zeigten häufig auch folgende Angaben für die Tender Points:

          Bereich untere Wirbelsäule

          Wirbelsäule am Übergang zum ISG

          hinterer äußerer Beckenkamm

          Übergang Gastrocnemicus in die Achillessehne

          Sämtliche Kostochondralverbindungen

Die Lokalisation der Kontrollpunkte:
Die Kontrollpunkte sollen als Ausschlussdiagnose herangezogen werden – eine Anforderung, der sie in der Realität nicht Stand halten. Unter Umständen werden auch einige der Kontrollpunkte als schmerzhaft empfunden, was laut eigenen Aussagen der Patientinnen nicht zu einem Ausschluss aus eventuellen schulmedizinischen Studien geführt hat, an denen sie teilgenommen haben. Sie seien hier dennoch der Vollständigkeit halber aufgeführt.

          Stirnbereich

          Ulnarseite des Unterarmes

          Daumennagel

          Ventrale Oberschenkel-Muskulatur

          Dorsale Oberschenkel-Muskulatur

          Höchster Punkt der Waden

Auch diese Lokalisationen sind teilweise in der Angabe zu ungenau, um – wie wir sehen werden – eine Zuordnung zu Akupunkturpunkten vorzunehmen. Der Wert der TP besteht meines Erachtens vorwiegend darin, dass sie der Diagnosestellung bei FMS dienen bzw. umgekehrt ihr Fehlen das Vorliegen einer der Differentialdiagnosen von Fibromyalgie wahrscheinlich macht. Keine Differentialdiagnose hat eine solche Vielzahl von TP aufzuweisen.

1.4.3.Zusammenfassung der Diagnosekriterien beim FMS

Fassen wir die Aussage zusammen, konzentriert sie sich auf folgende drei Hauptpunkte:

Ausgedehnte“ (chronische, weitverteilte)Schmerzen in der Muskulatur, die länger als 3 Monate bestehen und in mindestens 3 Quadranten des Körpers auftreten.

Ausschluss einer anderen möglichen Erkrankung (durch deren Therapie sich die FMS-Symptomatik bessern würde)

Von einem Fibromyalgie-Syndrom (FMS) ist auszugehen,wenn an mindestens 11 von 18 „Tender Points“ bei digitaler Palpation Druckschmerzen auftreten.

Beachte: Eine klinisch gleichzeitig bestehende Zweiterkankung schließt die Diagnose einer Fibromyalgie nicht aus.

1992 wurde Fibromyalgie von der Weltgesundheitsorganisation als eigenständige Erkrankung anerkannt.

 

Abb. 1: 3 Grazien DFV
Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Fibromyalgie-Vereinigung DFV e.V.
     

In diesem Bild der „3 Grazien“ sind die vom ACR festgelegten 2 x 9 Tender Points dargestellt.

Abb. 2:            Vergleich der Tender Points im Überblick 

Der Vergleich von 2 beliebig gewählten Abbildungen aus Artikeln über FMS, die hier als Zitat nachgezeichnet wurden, zeigt, dass in der Regel nur 4-5 Punkte übereinstimmen. Diese Schnittmenge ist annähernd gleich für jede beliebige Veröffentlichung der letzten Jahre und wurde nicht speziell ausgewählt.


1.5. Die Symptomatik des Fibromyalgie-Syndroms im Detail

Betrachtet man die Vielzahl der Symptome von Fibromyalgie-Kranken, hat man vor seinem geistigen Auge fast die gesamte Breite ärztlicher Spezialgebiete: Rheumatologe, Orthopäde, Gynäkologe, Urologe ebenso wie Internist, Kardiologe, Gastroenterologe, HNO und Augenarzt sowie nicht zuletzt der Neurologe und auch der Zahnarzt befassen sich mit einzelnen Symptomen der Fibromyalgiker. Betrachtet jeder Spezialist nur die einzelnen Symptome aus seinem Bereich und kommt es nicht zu synergistischem Handeln, erklärt sich, warum die Diagnosezeit für FMS-Kranke so hoch und die Verwirrung so groß ist. Hier ist jedoch Besserung in Sicht.

Die Symptome nach den betroffenen medizinischen Bereichen aufgegliedert sind:

1.5.1.Neurologische Symptome

Parästhesien

Taubheit oder Prickeln meist in Händen und Füßen, auch ein Brennen der Haut

sogenannte Restless-legs (Unruhe erzeugt Kribbeln in den Beinen)

Spannungskopfschmerz/Migräne (häufig im Bereich der Schläfen oder hinter den Augen oder von hinten über den Nacken nach vorne ziehend)

Bei über 30% auch Schmerz und Dysfunktion von Schläfen, Kiefer- und Wangenbereich mit in der Folge Kopfschmerz/Migräne, Kiefergelenksbeschwerden(aufgrund des erhöhten Tonus in der Kiefergelenksmuskulatur, nicht durch Gelenkschäden) und Trigeminusneuralgie

Kognitive Störungen

Konzentrationsstörungen, Koordinationsstörungen, Vergesslichkeit, Reizbarkeit

Hautbeschwerden

Juckreiz, trockene, fleckige Haut, Schwellungsgefühl meist in den Extremitäten (ungleich der Gelenkschwellungen der chronischen Polyarthritis)

Trockener Mund

Vermehrtes Schwitzen

Händezittern.

1.5.2.Störungen der Sinnesorgane

Erhöhte schmerzhafte Lautschwelle, Hörstörungen (Tinnitus)

Nystagmus, Schwindel

Unscharfes Sehen (Beeinträchtigung der glatten Muskulatur)

häufiges Niesen (meiner Beobachtung zufolge).

1.5.3.Herz- und Lungenbeschwerden
bzw. Schmerzen im Bereich des Brustkorbes

Gutartige Herzbeschwerden bei ca. 75% der Erkrankten (hyperaktives vegetatives NS, kein Organdefekt)

Herz-Rhythmusstörungen

Brustschmerzen, insbesondere bestehen Schmerzen an den Muskel-Sehnenübergängen der Rippen und am Brustbein
(Costochondralgie).

Abnormer Tonus der glatten Muskulatur in der Lunge.

CAVE DD: Herzkrankheiten etc. abklären lassen

1.5.4.Gastrointestinale Störungen

Beschwerden im Abdomen (irritables Colon / Reizdarm)

Verdauungsstörungen, Bauchschmerz, Blähungen, Verstopfung und / oder Durchfall.

1.5.5 Gynäkologische und urologische Beschwerden

Reizblase in Form von häufigem oder schmerzhaften Harndrang.

Menstruationsbeschwerden

Blasenentzündungen

Schmerzen im Genitalbereich und beim GV (trockene Schleimhäute).

1.5.6.Weitere Störungen verschiedener Zuordnungen

  • Schlafstörungen
    Keine Erholung auch bei ausreichend Schlaf. Ein- oder Durchschlafstörungen (Störungen der Tiefschlafphase), Schlafstörungen aufgrund von Restless legs. (Schlafstörungen betreffen bis zu 50% der FMS-Kranken)
  • Kalte Akren
    Übermäßiges Kälteempfinden in Händen und Füßen, ggf. mit Hautveränderungen (Raynaud-Syndrom)
  • Kreislaufprobleme
    Schwindel, niedriger, hoher und auch wechselnder Blutdruck
  • Starke Blutzuckerschwankungen
  • Depressionen bzw. seelische Verstimmungen
    Häufig als Fehldiagnose werden Depression oder Angststörungen gestellt. Die Frage nach „Henne und Ei„ wird uns immer wieder beschäftigen, verständlicherweise im naturheilkundlichen Bereich, in dem wir von einer engen Koppelung von Seele und Körper ausgehen, umso mehr. Dennoch sollte „in dubio pro reo“ berücksichtigt werden, dass die Depression keine Tender Point-Schmerzhaftigkeit nach sich zieht, während jahrelanger Schmerz, Schlafstörungen, ständige Müdigkeit und Überforderung verbunden mit geringem Verständnis für die eigene Situation wohl die meisten Menschen in ein seelisches Tief führen.
  • Morgensteifigkeit
    Sie tritt nicht nur morgens auf, sondern auch nach längerem Sitzen oder Stehen; abhängig von Witterungseinflüssen. Es besteht ein „subjektives“ Schwellungsgefühl, das oft nicht überprüft werden kann (häufige Angabe ist, dass der Ehering morgens als zu festsitzend empfunden wird, da die Finger geschwollen sind)
  • laut meinen Beobachtungen auch: Kitzel-Reizhusten (seltener), Schluckbeschwerden (häufig), hormonelle Störungen (Osteopathien/Osteoporose), vor der Menopause: PMS.

“Eine psychische Komponente ist zur Absicherung der Kriterien nicht vorgesehen“ (s. Literaturverzeichnis unter: Arztmappe der DFV. Gemeint ist: Eine Depression ist nicht als Ausschlusskriterium einer Fibromyalgie zu verstehen.). Dies ist besonders wichtig, wenn man berücksichtigt, dass vielen der PatientInnen aufgrund der Vielzahl der Symptome und mangelnder klinischer Nachweismöglichkeiten hypochondrische, hysterische oder, im besten Falle, depressive Züge unterstellt werden, was die Verzweiflung der Betroffenen nicht unerheblich erhöht.

In der Übersicht wird deutlich, dass eine genaue Zuordnung der „Tender Points“ zu Akupunkturpunkten in dieser Form nicht möglich ist, da die Angaben zu ungenau sind. Die vorangegangene Gegenüberstellung mehrerer bildlicher Darstellungen hat gezeigt, dass die Angaben verschiedener Quellen signifikant divergieren.

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass alle Patienten bis auf eine Dame, die in meiner Praxis vorstellig wurden, mit der schulmedizinisch abgesicherten Diagnose Fibromyalgie zu mir kamen; mehr als 50% davon jedoch wiesen schmerzhafte Kontrollpunkte auf und erfüllen somit die Diagnosekriterien nicht. Die behandelnden Ärzte trugen diesem Umstand zum Teil mit einer erweiterten Diagnose wie „Generalisiertes Schmerzsyndrom“ Rechnung. Wie man sieht, ist die Verwirrung und Unsicherheit noch groß.

1.6.Weitere wichtige Informationen zum FMS

1.6.1.Ursachen der Erkrankung

Schulmedizinisch gilt FMS als Krankheit ungeklärter Genese, das heißt, die Ursachen der Erkrankung gelten als noch nicht hinreichend bekannt. Man geht von einer Kombination aus seelischer und körperlicher Überlastung über einen langen Zeitraum, erhöhtem Stress oder auch verminderter Fähigkeit zur Stressbewältigung und Fehlhaltung aus. Auch physikalische oder emotionale Traumata spielen eine Rolle.

Ähnlich wie bei CFS vermutet man als Auslöser weiterhin Umwelteinflüsse, Immunfehlfunktionen oder –defekte, Viren, Pilze oder hormonelle Störungen (für Viren: z.B. Epstein-Barr, Zytomegalie, Herpes simplex, Rubella, Enteroviren (z.B. Coxsackie), für Pilze z.B. Candida albicans, für Parasiten z.B. Protozoen, Würmer (z.B. Nematoden, Zestoden, Trematoden), u.a.m.).

Autoimmunerkrankungen, Kollagenosen, Fehlhaltungen sowie mechanische, metabolische, posttraumatische oder entzündliche Prozesse könnten ebenfalls an der Entstehung von FMS beteiligt sein. Zumindest bei einem Teil der Erkrankten geht die Forschung davon aus, dass Arthritiden oder entzündliche Vorgänge zu einer kontinuierlichen Überschwemmung des ZNS mit Schmerzsignalen und zur Überforderung der nozizeptiven Mechanismen führen, wodurch es zu generalisiertem Schmerz und zum FMS kommt. Auch genetische Ursachen sind denkbar und werden zur Zeit in mehreren Studien untersucht.

1.6.2. Verstärkende Faktoren

Erschwerende Faktoren sind Schlafprobleme (Schlafentzug bei gesunden Probanden über mehrere Nächte führt zu ähnlichen Symptomen wie bei FMS), Lärm oder Dystress durch schwierige Lebensumstände wie andauernde Sorgen. Aber auch ungewohnte sportliche Aktivitäten oder neu hinzukommende körperliche Verletzungen oder eine Verschlechterung eines mit FMS assoziierten Symptoms wie Reizdarm, Migräne, etc. kann die Problematik erhöhen. Als die Symptomatik verstärkend gelten auch hormonelle Schwankungen (z.B. zweite Hälfte der Periode), Wetterwechsel (meines Erachtens unter Fortschreiten der Symptomatik auch Wechsel zu gutem Wetter, während anfänglich nur der Wetterwechsel zu feucht-kaltem Wetter Probleme bereitet) und Wind oder Kälte.

1.6.3.Krankheiten, die häufig mit FMS einhergehen

Am häufigsten tritt FMS assoziiert auf mit der Rheumatoiden Arthritis (Wolfe et al 1984), SLE-Systemischer Lupus Erythematodes (Middleton et al 1994) und dem Sjögren-Syndrom (Bonafede et al 1995). Da eine erfolgreiche Therapie dieser schweren, inflammatorischen Erkrankungen nicht zur Besserung des FMS führt, kann mit Sicherheit angenommen werden, dass diese Erkrankungen Fibromyalgie nicht auslösen oder verursachen. Der Zusammenhang zwischen dem gehäuften Auftreten dieser Erkrankungen beim FMS ist jedoch noch unklar. Diese gelten dementsprechend auch nicht als Ausschlussdiagnosen. Aber auch das gleichzeitige Bestehen einer Hypothyreose wird mit bis zu 90% angegeben. Prinzipiell gilt eine Hypothyreose als Differential- und Ausschlußdiagnose, doch kenne ich persönlich einige Fälle, bei denen eine Hypothyreose nachgewiesen ist, aber auch eine jahrelange Therapie nicht zur Besserung der FMS-Symptomatik geführt hat. Yunus & Inanici geben an, dass auch eine erfolgreiche Therapie der Schilddrüsenunterfunktion nicht zu einer wesentlichen Besserung der FMS-Symptomatik führe (Baldry S. 354).

1.6.4.Einteilung der Fibromyalgie

Zum Teil wird schulmedizinisch noch klassifiziert nach primärer Fibromyalgie ohne „auslösende“ Faktoren, sekundärer Fibromyalgie infolge beispielsweise eines Traumas, entzündlicher und degenerativer rheumatischer sowie infektiöser, bösartiger oder hormoneller Erkrankungen (z.B. Schilddrüsenunterfunktion, die deshalb unbedingt abgeklärt sein sollte!) oder gemischter Fibromyalgie bei bestehender Fibromyalgie-Symptomatik und gleichzeitiger Arthrose, Arthritis, etc.

Die Unterteilung ist schwierig aufrecht zu erhalten. Ein genetischer Zusammenhang bei primärer FMS ist nicht bekannt. Unter Umständen lässt sich ein vorbestehendes Trauma einer primären Fibromyalgie nicht eruieren, wohingegen beim sekundären FMS die Symptomatik nachlassen oder verschwinden müsste, wenn der kausale Faktor eliminiert wurde. Dies ist aber nicht der Fall.

Auch diese Untergliederung zeigt, wie wenig greifbar das Syndrom Fibromyalgie ist, gibt uns aber auch bereits erste Hinweise auf die Syndrome nach der TCM, die wir vorfinden werden.

1.6.5. Ähnliche Krankheiten gleicher Genese

Am ehesten, abgesehen natürlich von anderen Krankheiten aus dem Formenkreis des Weichteilrheumatismus, finden sich Parallelen zum CFS (Chronic Fatigue Syndrom). Es stellt sich die Frage, ob Fibromyalgie und CFS nicht zwei Seiten einer Medaille sind.[4] Die ÄZ vom 04.03.2002 berichtet dementsprechend auch, dass das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS), eng mit dem Fibromyalgie-Syndrom verwandt sei und sich „durch eine lähmende geistige und körperliche Erschöpfung“ kennzeichne.

Der Rheumatologe, Professor Daniel J. Clauw aus Washington, Columbia bringt in einer Stellungnahme in der ÄZ vom 05.12.2000 seine Überzeugung zum Ausdruck, dass „CFS und Fibromyalgie (möglicherweise) nur zwei Erscheinungsbilder ein und derselben Erkrankung (sind). Solange dies aber nicht gesichert sei, sollte von einem Overlap-Syndrom ausgegangen werden.“


Interessanterweise hat sich für mich in der Praxis mehr und mehr herauskristallisiert, dass Patienten mit CFS eher positiv auf Infusions- und Aufbautherapien reagieren, weniger auf die fordernd-fördernde Kombinationsbehandlung aus Bewegung, Ernährungsumstellung, Kräutern und Akupunktur, mit der ich FMS-Patienten behandele. Ich gehe daher eher von einem Overlap-Syndrom aus, oder anders gesagt, handelt es sich eventuell um ein und dasselbe Bild, bei dem verschiedene Aspekte unterschiedlich stark ausgeprägt sind bzw. ihre Betonung in einem anderen Bereich („Element“) finden. Dies könnte sich erklären durch den Zustand der fortgeschrittenen „Leere“ (im chinesischen Sinn) beim CFS. In jedem Fall scheint die Ursache bei beiden Bildern in Fehlfunktionen im Bereich des ZNS zu liegen. Solange allerdings die typischen FMS-Symptome wie Myalgien, Arthralgien, Kopfschmerz und Müdigkeit durch Schlafmangel alleine hervorzurufen sind, wird sich die Differenzierung als schwierig erweisen.

Als verwandte Erkrankung gilt ebenfalls das Multiple Chemical Sensitivity-Syndrom MCS. Bei dieser Empfindlichkeit auf Chemische Substanzen wie Zusatzstoffen in Nahrungsmitteln, Desinfektionsmittel, Pflanzenschutzmittel, Medikamente und auch Metalle findet sich auch oft eine herkömmliche Allergie auf Pollen, Hausstaub, Nahrungsmittel oder Schimmelpilze. Ein Großteil der Symptome überschneidet sich mit der Fibromylagie-Symptomatik. Wie häufig allerdings FMS und MCS assoziiert auftreten, wird von verschiedenen Forschern wie beispielsweise (Baraniuk et al.) und (Jason et al.) unterschiedlich mit 15 - 50% angegeben und wäre demzufolge einmal als signifikant zu werten und einmal nicht.

Aus dem Bereich der Erkrankungen des Bewegungsapparates ist die größte Überschneidung in der Symptomatik gegeben mit dem Myofaszialen Schmerzsyndrom, der Rheumatoiden Arthritis oder Osteoarthritis. Diese unterscheiden sich vom FMS jedoch durch die beim FMS vorgefundene, hohe Anzahl von Tender Points. Eine Vergleichsstudie ergab, dass beim FMS 19 Stellen durch Schmerz und Steifheit beeinträchtigt waren im Vergleich zu 14 bei RA (Yunus et al 1989a).

1.6.6.Der Krankheitsverlauf / Prognose

Zwischen Auftreten der Beschwerden und der Diagnosestellung vergehen zur Zeit über 7 Jahre (Besserung in Sicht!). Dies zeigt, wie schwierig es ist, diese Krankheit frühzeitig zu erkennen. Das Krankheitsbild entwickelt sich selten in kurzer Zeit. Die Beschwerden beginnen unterschiedlich: in den Gelenken, an den Gliedmassen, oft am Rücken und breiten sich dann über andere Körperteile aus. Die Schmerzen nehmen anfänglich wellenförmig zu, schwellen wieder ab, um dann wieder stärker aufzutreten. Im Laufe der Zeit wird dieser Zustand chronisch. In der Folge stellen sich dann weitere Beschwerden ein, wie Schlafstörungen, Verdauungsstörungen etc.

Die Prognose der Erkrankung ist insofern nicht schlecht, als Betroffene nicht mit Verformungen im Bewegungsapparat oder gar mit einem Leben im Rollstuhl rechnen müssen. Schulmedizinische Texte weisen darauf hin, dass mit steigendem Lebensalter eine Besserung der Symptomatik eintritt, ein Postulat, das hauptsächlich darauf gründet, dass der vermutete hormonelle Zusammenhang nach dem Klimakterium an Impakt verlieren soll.

Ein solcher Fall ist mir persönlich bisher (leider noch) nicht bekannt. Das Problem ist natürlich auch hier, dass Langzeitstudien fehlen, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben. Zur Zeit muss von einer chronischen Erkrankung ausgegangen werden, die viele Jahre lang besteht und bei der schlechte Phasen sich mit besseren Zeiten abwechseln. Aus naturheilkundlicher Sicht ließe sich kurz und knapp dazu sagen, dass die Veranlagung zu dieser Erkrankung des rheumatischen Stoffwechselbereiches bestehen bleibt, auch wenn sich durch günstige Faktoren wie geeignete Behandlungsstrategien und Nutzung von Behandlungssynergien, Ernährungsumstellung, psychische Aufhellung und Bewegungsmaßnahmen das „Leiden“ auf ein geringes Beschwerdemaß oder Beschwerdefreiheit reduzieren lässt.

Wie belastend die Krankheit für den Einzelnen dennoch ist, zeigt sich in der hohen Quote an Arbeitsunfähigen und Frührentnern, die laut Statistiken bei über 50% liegen soll. Auch die Lebensqualität wird bei FMS als ausgesprochen schlecht bewertet im Vergleich zu lebensbedrohlicheren Krankheiten wie Krebs.

1.6.7.Die Anzahl der Erkrankten

Die ÄZ zitiert die DFV mit der Angabe, dass rund „2,4% der Bevölkerung“ an FMS leiden sollen. Der Landesverband Bayern der Deutschen Rheuma-Liga gibt an, dass 1 Millionen Menschen an FMS leiden (Bezugsrahmen: Bayern oder Deutschland? fehlt). Schätzungen der Ersatzkassen Nordrhein-Westfalen gehen davon aus, dass dort eine halbe Millionen Menschen mit FMS leben. In der ÄZ vom 19.03.2001 wird die Anzahl der diagnostizierten FMS-Kranken mit 1,6 Millionen beziffert. In der ÄZ vom 17.10.2000 beliefen sich die Angaben auf „etwa 1 bis 10% der Bevölkerung..., Frauen zehnmal häufiger als Männer. Beim Rheumatologen sind mindestens 20% der neuen Patienten davon betroffen, beim Hausarzt mindestens 5%.“ In der ÄZ vom 06.07.2000 wird die Prävalenz mit 0,6 bis 2% angegeben.

Nach aktuellen Angaben der DFV selbst haben „laut einer der US-Regierung vorliegenden Studie ... 2% der Bevölkerung eine gesicherte Diagnose Fibromyalgie. Auf Deutschland bezogen sind dies mindestens 1,6 Millionen Betroffene. Anderen Schätzungen nach sollen sogar 3-5% der Bevölkerung betroffen sein.“

1.6.8.Die Geschlechtliche Verteilung

Angaben über die Verteilung der Krankheit auf die Geschlechter divergieren zwischen 90:10 und 80:20 (ÄZ vom 19.03.2001: „Frauen sind achtmal häufiger betroffen als Männer...“.). Während bei Frauen offensichtlich morgendliche und generalisierte Müdigkeit sowie Colon irritabilie ausgeprägter sind als bei Männern und die Anzahl der Gesamtsymptome sowie der Tender Points bei Frauen höher ist, divergieren die Angaben hinsichtlich der Schwere der Erkrankung, der Behinderung durch die Krankheit sowie der Schmerzintensität zwischen Männern und Frauen kaum (Wolfe et al 1995b, Yunus et al 2000).

1.6.9.Die Altersverteilung

Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen 50 und 55 Jahren (ÄZ vom 19.03.2001), das mittlere Alter zwischen 35 und 50 Jahren (ÄZ vom 17.10.2000). (Ich habe jedoch in der Studie in ca. 20% der Fälle die Angabe gefunden, dass initial bereits rheumatische Erscheinungen im Alter um ca. 20 Jahre bestanden, die sich dann wieder besserten und zu einem späteren Zeitpunkt verstärkt wieder auftraten.)

1.6.10. Familiäre Häufung

Während bis vor 2 oder 3 Jahren noch ein genetischer Zusammenhang oder eine familiäre Häufung ausgeschlossen wurden, wird die familiäre Häufung einer Erkrankung von mindestens einem Verwandten ersten Grades inzwischen mit 68% (ÄZ vom 17.10.2000) angegeben, wobei „(unklar bleibt), ob dies genetisch bedingt ist oder durch erlernte Verhaltensmuster...“ (Anmerkung: Einige Ärzte sehen eine vermutete psychische Komponente (bei Familienmitgliedern) inzwischen auch dadurch untermauert, dass auch Partner von FMS-Kranken ähnliche Symptome entwickeln sollen. Dies könnte sich jedoch ebenso gut durch Erregerkontakt oder gleiche Ernährung erklären.)

1.6.11.Die Kosten der Erkrankung

Wie eine repräsentative Infratest-Studie kürzlich ergab, leiden rund 76% aller Bundesbürger, die älter als 40 Jahre sind, gelegentlich oder ständig unter rheumatischen Beschwerden. Frauen sind etwa 5-mal häufiger betroffen als Männer. Entsprechend gewaltig sind die Kosten, die diese Krankheit verursacht: 1,65 Milliarden DM wurden im Jahre 1991 allein für NSAR ausgegeben. Weitere 500 Millionen DM kostet die Behandlung der Nebenwirkungen dieser Medikamente.

Die ÄZ vom 17.10.2000 beziffert die Kosten „zwischen 1 und 8 Milliarden DM pro Jahr“. Die durchschnittlichen Kosten der Therapie pro Patient für die Solidargemeinschaft beliefen sich auf ca. 2 500,00 DM (ärztliche Behandlung 634,00 DM, Arzneimittel 536,00 DM und Psychotherapie 479,00 DM). Die indirekten Kosten durch Arbeitsunfähigkeit von 6 630,00 DM und Berufs-/Erwerbsunfähigkeit sowie Frühverrentung von 38 500,00 DM pro Patient pro Jahr seien hierin noch nicht einmal enthalten.

1.7.Allgemeine Differentialdiagnosen zu FMS

Die Diagnose „Fibromyalgie-Syndrom“ wird derzeit nur aufgrund der Anamnese und des klinischen Befundes gestellt. Werden bei einem Patienten keine Anhaltspunkte für eine der klassischen rheumatischen Erkrankungen gefunden, sollte an eine Fibromyalgie gedacht werden. Häufig verwechselt wird Fibromyalgie aufgrund der vegetativen Begleitsymptome wie Obstipation, Schlafstörungen, Herzklopfen, Globusgefühl im Hals oder Unterleibsschmerzen mit internistischen und gynäkologischen Erkrankungen. Die Folge sind dann nicht selten unnötige Operationen. Sie betreffen vor allem Organe, die im mittleren Lebensalter regressive Veränderungen aufweisen oder auch weit verbreitete, mit dem Bewegungsapparat verbundene Erkrankungen wie ein bestehendes Karpaltunnelsyndrom.

1.7.1.Spezifische Differentialdiagnosen zu FMS

Mögliche Differentialdiagnosen sind andere Krankheiten des rheumatischen Formenkreises, Bindegewebserkrankungen und Kollagenosen, hormonelle Störungen, neurologische Krankheiten anderer Genese und Infektionskrankheiten (s. detaillierte Auflistung).

Schwer voneinander abzugrenzen sind beispielsweise FMS und Myotendinose, bei der die Beschwerden nur lokalisiert auftreten (bei Männern und Frauen gleichermaßen häufig), Erschöpfung nur selten auftritt, die Steifigkeit regional vorliegt und eine Remission komplett möglich ist (allerdings bei möglichen Rezidiven).

Professor Dr. D. Pongratz differenziert in einer Zeitschrift der Firma Sanor Winthrop nach einem Referat von Richard R. McClaffin das Fibromyalgiesyndrom mit den „tender points“ vom myofaszialen Schmerzsyndrom mit den „trigger points“ und dem allgemeinen chronischen Schmerzsyndrom. Er sei „ persönlich davon überzeugt, dass es sich um zwei ganz verschiedene Phänomene handelt, die nicht nur in der Forschung, sondern auch im klinischen Alltag streng unterschieden werden müssen.“ (DFV-Arztmappe, S. 71f)

Die wichtigste Unterscheidung ist hier, dass die Triggerpunkte beim myofaszialen Schmerzsyndrom (Myofacial Pain Syndrom, MPS) in typischen, mit dem Schmerz in Zusammenhang stehenden Arealen auftreten und der Schmerz lokal/regional auftritt, während beim FMS die „Tender points“ ohne Beziehung zum Schmerz stehen und der Schmerz generell ist. Manche Autoren unterscheiden dahingehend, dass Palpation der Triggerpunkte Schmerzen in anderen Regionen auslöst, während Palpation der FMS-Tender Points nur am Druckpunkt Schmerz auslöst. Eine Vergleichsstudie zwischen FMS und dem RSTP (Regional Soft Tissue Pain), einer der MPS sehr ähnlichen Erkrankung ergab, dass beim FMS die Anzahl der Tender Points signifikant erhöht war, ebenso wie Parästheisen, Kopfschmerz, Müdigkeit, Schlafstörungen und das Gefühl der Geschwollenheit. Die darauf basierende Empfehlung der Forscher war, dass MPS und FMS sowohl klinisch als auch biopathophysiologisch als ähnliche Syndrome betrachtet werden sollten. (Inanici et al 1999, Granges und Littlejohn 1993, Yunus 1994, Yunus 2000a und 2000b).

Das MPS wird auch dergestalt definiert, dass es sich üblicherweise im Anschluss an ein Trauma des betreffenden Muskels entwickelt und der Schmerz durch Deaktivierung der hyperaktiven Nervenendigungen an den Triggerpunkten nachlässt. Auch können beim MPS angespannte, verkürzte Muskeln bei der Palpation getastet werden (wobei sich die Frage stellt, wo hier der Unterschied zum FMS sein soll, bei dem auch verkürzte, gespannte Muskeln getastet werden können.)

Andere Autoren unterscheiden hier nicht bzw. verwenden die Begriffe synonym oder bestehen sogar darauf, dass es sich beim FMS um nichts anderes als ein myofasziales Schmerzsyndrom handelt (z.B. (Gunn)). Hier bedarf es weiterer Grundlagenforschung, um über eine Differenzierung endgültig zu urteilen.

Eine interessante Unterscheidungsmöglichkeit brachte Janet Travell auf, die den ursprünglich von Arthur Steindler aufgebrachten Begriff der muskulären Triggerpunkte erst in allgemeinen Gebrauch brachte: Travell ist die Erkenntnis zu verdanken, dass wenn nur ein einzelnes Syndrom besteht, der Schmerz auf einen einzigen Ort des Körpers beschränkt bleibt. Finden wir hingegen verschiedene Syndrome überlappend vor, ist der Schmerz generalisiert.

Leichter abzugrenzen aufgrund fehlender Tender Points sind hingegen ähnliche Erkrankungen wie Arthritis, Bandscheibenvorfälle, Polymyalgia rheumatica, Hypothyreose, Spondylitis ankylosans oder auch die bereits genannten kardiothorakalen Schmerzzustände, denen eine organische Ursache zugrunde liegt. Die Abgrenzung erfolgt in der Regel wie bereits geschildert über die fehlende oder niedrigere Anzahl von Tender Points bzw. durch Abgrenzung von Triggerpunkten gegen Tender-Punkte oder durch die den differentialdiagnostischen Krankheiten eigenen Charakteristika. So finden sich bei der Arthritis beispielsweise objektive Schwellungen an den Gelenken, bei der Myopathie sind die Muskelenzyme erhöht und bei der Polymyalgia rheumatica ist der BSG erhöht, der Hb häufig erniedrigt, etc.

Übersicht möglicher Differentialdiagnosen zum FMS
1. andere Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises wie:
    PcP
    Chronische Polyarthritis

    Polymyalgia rheumatica

2. Muskel-/Sehnen-/Schleimbeutelentzündungen wie
    Tendinitis, Bursitis
    Moysitis

    Polymoysitis

3. Bindegewebs- oder Autoimmunkrankheiten wie:

    Eosinophilie-Myalgie-Syndrom (EMS)

    Dermatomyositis

    Kollagenose

    Lupus erythematodes (Cave: Überlappungssyndrom)

    Polymyositis

    Sjörgen (Cave: Überlappungssyndrom)

4. Hormonelle Krankheiten wie:

    NSD-Überfunktion (Nebenschilddrüse)

    Nebennierenschwankungen

    SD-Überfunktion

    SD-Unterfunktion

5. Infektionen

    Hepatitis

    Neurobrucellose (z.B. durch unpasteurisierten Ziegenkäse)
6. CFS - Chronisches Erschöpfungs-Syndrom

7. Depressionen

8. Neurologische Erkrankungen

9. Diabetes mellitus

Die Differentialdiagnose erfolgt mittels Röntgen/CT der WS und BB (meist keine erhöhte BKS [5]etc. als Ausschlussdiagnose, da kein Anstieg des CRP festzustellen und der IgM-Rheumafaktor negativ ist.

1.7.2.Mögliche DD zum Juvenilen FM-Syndroms sind

Juvenile chronische Arthritis

Kollagenosen

Rheumatismus palindromicus

Hypermobilitätssyndrom

Juvenile Spondarthritis

„Wachstumsschmerzen“

Para-, postinfektiöse Arthritiden und Arthralgien

Medikamentös induzierte Myopathien

Psychogene Schmerzzustände

1.8. Nachweis der Erkrankung bzw. Sicherung der Diagnose

Obgleich die üblichen Blut/Röntgen- und sonstigen diagnostischen Bild- und Laborverfahren keinen Nachweis erbringen, gibt es Veränderungen, die den Nachweis einer Erkrankung an Fibromyalgie ermöglichen. Diese werden jedoch (aus Kostengründen?) so gut wie nie zur Diagnosesicherung herangezogen. Bei den von mir behandelten Fibromyalgie-Patienten, die mit der durch den Hausarzt oder Spezialisten gestellten Diagnose FMS vorstellig wurden, lag kein einziger diesbezüglicher Befund vor, der die Diagnose FMS hätte erhärten können.

Hier nun die theoretisch bekannten veränderten Faktoren:

  • pathologische Sauerstoffversorgung der Muskulatur
    (= Unterversorgung)
  • Veränderte Blutflussgeschwindigkeit im Gehirn (mit Folge Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Tinnitus, etc.?)
  • Neuroendokrinologische laborchemische Veränderungen im Bereich der Neurotransmitter
    (Mangel der Serotonin-Vorstufe Tryptophan erzeugt diffuse, schmerzhafte Muskelsteife; Serotoninmangel im Gehirn, sowie erhöhter Substanz-P-Spiegel = hat Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung; erniedrigt sind weiterhin Dopamin, Norepinephrin (Adrenalin) und Cortisol (aus der NNR))
  • Erniedrigter Wachstumshormon-Spiegel
    (wird nachts in der Tiefschlafphase produziert, ist Voraussetzung für erholsamen Schlaf und hilft im Gehirn, die tags aufgebauten Toxine abzubauen)
  • Gelegentlich können antinukleäre Antikörper in niedrigem Titer nachgewiesen werden.

1.8.1. Erniedrigte Parameter

  • Calcitonin
  • Carnitin-Werte in der Muskulatur (Prof. Dr. D. Pongratz/Dr. M. Späth München), Blutdurchlaufgeschwindigkeit im Bereich der Tender Points (Dr. Haiko Sprott, Zürich)
  • Histidin
  • L-Tryptophan (Serotonin-Vorläufer)
  • Lysin
  • Plasma-Serotonin (Da der Wert nicht mit der Schwere der Krankheit korreliert und natürlich auch bei Depressiven erniedrigte Werte vorgefunden werden, kann dieser Befund nicht als Nachweis gewertet werden. Sprott et al. 1998 fanden keinen Unterschied zwischen FMS-Kranken und Kontrollgruppe)
  • 5HIAA (5-Hydroxyindole acetic acid = 5-Hydroxyindolessigsäure, ein Stoffwechselprodukt von Serotonin, erniedrigt in der Zerebrospinalflüssigkeit und im 24-Std.-Urin)
  • Cortisol (freies Kortisol im 24-Std.-Urin)
  • Plasmatryptophin
  • Prostaglandin E2
  • Somatomedin C
  • Threonin
  • strogene (häufig)
  • Wachstumshormonspiegel

1.8.2. Erhöhte Parameter

  • ACTH (Corticotropin)
  • Antikörperwerte gegen Serotonin
  • Ganglioside (Prof. P.A. Berg, Tübingen)
  • Katecholamine (Urin und Plasma)
  • NGF (nerve growth factor) in der Spinalflüssigkeit (führt zu Hyperalgesie)
  • Phospholipide (Prof. P.A. Berg, Tübingen)
  • Cortisol (basaler Kortisolspiegel in den Abendstunden)
  • Prolaktin
  • FSH
  • Serotoninrezeptoren an den Thrombozyten
  • Substanz P (in der Muskulatur bei Gesunden nicht vorzufinden, bei FMS schon; im Liquor bei FMS erhöht, - Prof. Dr. D. Pongratz München, Vaeroy et al 1988a, Bradley et al 1996, Russell et al 1994, Welin et al 1995; Sprott et al. 1998 fanden keinen Unterschied zwischen FMS-Kranken und Kontrollgruppe.).

1.9. Die Schulmedizinische Therapie bei FMS
Die schulmedizinische Behandlung basiert in der Regel auf einem „multimodalen Therapieansatz“ in Form einer Mischung aus schmerzreduzierenden Mitteln kombiniert mit niedrig dosierten Antidepressiva und Muskelrelaxantien und gekoppelt mit physikalischer Therapie und kognitiver Verhaltenstherapie:

1.9.1. Medikamentöse Therapie

  • Neuroleptika
    (z.B. Haloperidol; dienen im Prinzip einer Herabsetzung der auf den Patienten einströmenden Informationen; Gabapentin, das an die Alpha-2-Delta-Subtyp der spannungsabhängigen Kalzium-Kanäle von Nervenzellen bindet, senkte nach ca. 2 Wochen Einnahme in einer Studie an Zoster-Patienten Nervenschmerzen signifikant, wobei auch der Schlaf besser wurde. Der Wirkstoff Pregabalin wird auch bei FMS eingesetzt.)
  • Zentral schmerzlindernd wirkende Trizyklische Antidepressiva
    wie Amitryptilin (zum Heben des Serotoninspielgels bzw. zur Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin. Hier eingesetzt wird z.B. Saroten®, Amitriptylin-neuraxpharm®, Amineurin®); oder Imipramin (Imipramin-neuraxpharm®) und Trimipramin (Stangyl®). Durch Studien belegt ist, dass der Schmerz mindernde Effekt von Trizyklika bereits nach 2-3 Tagen einsetzt. Die Therapie wird einschleichend mit 10-20 mg dosiert, um unerwünschte anticholinerge Effekte zu vermeiden (alternativ: ½ 75-mg-Retardtablette). Die Standarddosis liegt bei 75 mg pro Tag in Retardform, während bei FMS mit ca. 25 mg am Tag therapiert wird.
  • NSAR’s
    ebenfalls schmerzreduzierend (sog. Nichtsteroidale Antirheumatika bzw. Antiphlogistika, wie Ibuprofen, Diclofenac u.a., werden bei der Behandlung entzündlicher und degenerativer Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates weltweit am häufigsten zur Schmerzsenkung eingesetzt. Sie schädigen vorwiegend die Schleimhäute und rufen Blutungen im Magen-Darmtrakt in etwa im Verhältnis 1:1000 hervor, s. auch weiter unten) oder auch Cox-2-Hemmer, Flupirtin (Katadolon®, Trancopal®, Dolo) und Metamizol (Novaminsulfon-rationpharm®, Novalgin®, Novaminsulfon Lichtenstein®)
  • Analgetika (Acetaminophen) oder zentralwirksame Analgetika wie Codein
    (CAVE SUCHTERZEUGEND und Wiederaufflackern der Schmerzen; bei „leichteren“ Schmerzmitteln wie ASS besteht ebenfalls Blutungsgefahr im Magen und 12-Fingerdam-Bereich (20-25%), die besonders gefährlich sind, weil sie schmerzlos verlaufen. Bei Retard-Präparaten, die den Wirkstoff langsam über einen längeren Zeitraum abgeben, ist diese Gefahr nicht so hoch.) oder starke und schwache Opioidanalgetika, Kortikosteroide oder Lokalanästhetika sowie
  • Myotonolytika oder Muskelrelaxantien
    (in USA: Cyclobenzaprin – in Deutschland nicht erhältlich); sogenannte Benzodiazepine (Diazepan, Alprazolam, Lorazepam, Clonazepam) werden häufig zusammen mit niedrig dosiertem Ibuprofen zur Behandlung der Panikattacken und Muskelspasmen gegeben (mild beruhigend und muskelrelaxierend, CAVE Gewöhnungsgefahr!). Myotonolytika wie Tolperison (Mydocalm®) werden häufig auch verordnet, um den Patienten die sonst aufgrund der nachfolgenden Schmerzen schwer durchzuhaltenden körperlichen Trainingsmaßnahmen zu erleichtern.
  • Sonstige:
    Guaifenesin (Hustenmittel, in den USA als Entgiftungspräparat für das Gewebe zur Ausleitung von Metallen, insbesondere Schwermetallen bei einem vermuteten Zusammenhang zwischen FMS und einer genetisch bedingten Anhäufung von Schwermetallen jeglicher Art im Bindegewebe.)

1.9.2. Physikalische Therapie

Krankengymnastik

Balneophysikalische Therapie

Rückenschule

Elektrotherapie

1.9.3. Psychotherapie

Kognitive Verhaltenstherapie

Entspannungstechniken

Stressbewältigung

Psychotherapie: Behandlung vorhandener seelischer Störungen bzw. Erlernen eines anderen Umganges mit Problembereichen

1.9.4. Sonstige

Behandlung der zugrunde liegenden Stoffwechselstörung (Darmsanierung, Diät, Homöopathika) und Stärkung bzw. Ausgleich des geschwächten bzw. überreagierenden Immunsystems (Vitamine, Enzyme, Thymusdrüsen-Extrakte)

Erst seit kurzem weiß man, dass Rheuma (Aussagen über Fibromyalgie liegen nicht vor) außerdem die Lebenserwartung der Betroffenen verkürzt. Manche Mediziner vermuten, dass dies nicht nur eine Folge der Krankheit selbst ist, sondern auch auf die relativ häufigen unerwünschten Nebenwirkungen der heute üblichen Rheumatherapie zurückzuführen sein könnte. Da man bisher die Ursachen von Rheuma nicht kennt, werden den Betroffenen vor allem Schmerzmittel verordnet. Die dabei am häufigsten verordneten Medikamente sind die sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR = Rheumamittel ohne Cortison). Diese dämpfen zwar die Schmerzen, schädigen aber gleichzeitig die Magen-Darmschleimhaut, wodurch die Gefahr schwerer Blutungen steigt. Außerdem können sie Nierenschäden verursachen und führen angeblich häufiger zu Todesfällen. 

Zusammenfassung

Beim FMS handelt es sich um eine chronische Schmerzerkrankung im Bereich des Binde- und Weichteilgewebes, bei der insbesondere Muskel-Sehnen-Bereiche bzw. deren Übergänge betroffen sind.  
Neben den generalisierten Schmerzen im Bewegungsapparat mit Morgensteife und Schwellungsgefühl, den angesprochenen Schlafstörungen und großer Müdigkeit findet sich eine Vielzahl weiterer Beschwerden, die normalerweise auf eine Beteiligung der inneren Organe zumindest funktioneller Art bzw. auf Störungen in anderen als dem muskuloskelettären Bereich hinweisen. Die Ursache dieser funktionellen Störungen liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit im Bereich des ZNS und Vegetativums.

In Deutschland gibt es mindestens 2,5 Millionen Betroffene, davon 80-90% Frauen. Der Hauptmanifestationszeitraum liegt zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr.

Die Ursache gilt schulmedizinisch als nicht geklärt. Man vermutet eine Kombination aus seelischer und körperlicher Überlastung über einen langen Zeitraum, erhöhtem Stress oder auch verminderter Fähigkeit zur Stressbewältigung, Fehlhaltungen und gegebenenfalls noch bakterielle und/oder virale Infektionskrankheiten als Auslöser oder Unterhalt der Erkrankung. Ebenfalls diskutiert wird ein autoaggressiver Zusammenhang.

Differentialdiagnostisch mögliche Erkrankungen sind auszuschließen, wobei das Vorliegen einer Zweiterkrankung die Diagnose FMS nicht zwingend widerlegen muss.


[1] Diese Aussage soll sich darauf beziehen, dass die BKS nicht erhöht ist. Ich habe jedoch eine Vielzahl von Blutbildern betroffener Patienten gesehen, die eine erhöhte BKS aufwiesen, ohne dass dafür seitens des behandelnden Arztes eine Ursache gefunden werden konnte. Richtig ist, dass die typischen Entzündungszeichen calor-rubor-dolor-tumor fehlen (bzw. zu fehlen scheinen, weil die Entzündung sich nicht im Gelenk abspielt). Es ist m.E. zur Zeit noch nicht hinreichend untersucht, ob sich nicht entzündliche Vorgänge im Bindegewebe bzw. „Weichteilgewebe“ abspielen.

[2] Dies ist eine zu grobe Verallgemeinerung. Die Schmerzqualität wird sehr unterschiedlich angegeben und es gibt durchaus Mehrfachbenennungen. Mehrere Patienten haben (aus eigenem Antrieb) bei der Erstanamnese auf die Frage, wie sich der Schmerz anfühlt, bis zu vier unterschiedliche Schmerzqualitäten je nach Lokalisation angegeben. Zur Schmerzqualität s. auch Teil 3 TCM-Analyse und Teil 5, Studie.

[3] Oft wird der Terminus "Weichteilrheumatismus" mit der Fibromyalgie gleichgesetzt. Eine solche Betrachtungsweise ist natürlich verwirrend und vermehrt die Möglichkeit der Fehldiagnosen. Aus didaktischen Gründen werden in der Rheumatologie im weiteren Sinne unterschieden zwischen Erkrankungen der Gelenke, der Wirbelsäule und der Weichteile, oder auch nach kombinierter Symptomatik, wobei jeweils entzündliche und nichtentzündliche Erkrankungen vorliegen können. Weichteilerkrankungen umfassen also eine Vielzahl von Erkrankungen. Damit kann "Weichteilrheumatismus" nicht als Synonym für die Fibromyalgie gelten. (Quelle: "Psychorheumatologische Diagnostik in der Praxis", 1997, Verlag S. Sosnowski, 22967 Tremsbüttel, von Prof. Dr. med. Hartwig Mathies, Bad Abbach, 1. Präsident der Deutschen Rheumaliga)

[4]Unter den ca. 15 aktuelleren Patienten in meiner Praxis mit FMS befinden sich alleine 2, die nach den Kriterien des ACR betrachtet nicht unter FMS sondern CFS leiden.

[5] Diese Aussage soll sich darauf beziehen, dass die BKS nicht erhöht ist. Ich habe jedoch eine Vielzahl von Blutbildern betroffener Patienten gesehen, die eine erhöhte BKS aufwiesen, ohne dass dafür seitens des behandelnden Arztes eine Ursache gefunden werden konnte. Richtig ist, dass die typischen Entzündungszeichen calor-rubor-dolor-tumor fehlen (bzw. zu fehlen scheinen, weil die Entzündung sich nicht im Gelenk abspielt). Es ist m.E. zur Zeit noch nicht hinreichend untersucht, ob sich nicht entzündliche Vorgänge im Bindegewebe bzw. „Weichteilgewebe“ abspielen.